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Ilka Schröder

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Denkpause 21 | 08.07.03

Auf die Folter gespannt

Oder: Frühling, Sommer, Herbst und Winter

So geht es zu, im freiesten Staat, den es je auf deutschem Boden gegeben hat, im Jahre 12 bzw. 13 nach dem Sieg über den Unrechtsstaat DDR: Da wird einem Verdächtigen von Polizisten angedroht "ein ‘dafür ausgebildeter Spezialist’ werde ihn foltern" und man werde in seine Zelle "‘zwei große Neger’ sperren, die ihn vergewaltigen würden". Statt sich darüber aufzuregen, fanden der Frankfurter Polizeivizepräsident Daschner, der Richterbundvorsitzender Mackenroth, der Vorsitzende des Kriminalbeamtenbunds Bernsee, der hessischen Ministerpräsidenten Koch und der Brandenburgischen Innenminister Schönbohm das ziemlich okay und gerechtfertigt. Und sie waren nicht allein.

Also griff ich zu der schärfsten parlamentarischen Waffe, die sich überhaupt denken lässt, und formulierte einen Entschließungsantrag nach Art. 48. Der zuständige Ausschuss des EP sei schwer besorgt, heisst es darin - weil man ja in Europa sonst auch immer über alles besorgt ist, und über Folter sowieso, und dann noch in einem Mitgliedsstaat, und dann noch in einem, wo das alle auch noch gut finden. Schon sah ich die deutsche Regierung angesichts der machtvollen Besorgniserklärung des Lordsiegelbewahrers der Menschenrechte mit dem Rücken an der Wand, und überall UN-Inspektoren in deutschen Polizeirevieren aufkreuzen. Aber vor die Diskussion von Themen hat die Geschäftsordnung die Bürokratie gesetzt.

Die zuständige Direction Générale des EP hatte Probleme. Zunächst fand man den Antrag zu scharf formuliert. Es war ja gar nicht gefoltert worden, sondern nur gedroht, und das müsse ganz deutlich werden. (Dass die Drohung mit Folter auch nicht ganz ohne ist, sahen die EU-Bürokraten nicht so). Das war im März.

Aber dann machte sich der Chef der Direktion höchstpersönlich Sorgen. Um den Datenschutz. Denn alle die Folterandrohungs-Befürworter und Folter-Befürworter wurden ja mit Namen genannt. Das ginge nicht, vielleicht seien die Betreffenden auch falsch zitiert worden. Und dann wäre das ja auch eine Art Folter. Das war im April. Nach allerlei Bedenken hin und her, sollte der Entwurf doch dem Präsidenten des Parlaments vorgelegt werden. Das war im Mai. Der gab dann endlich grünes Licht. Das war im Juni.

Eine Befassung der Entschließung ist nicht völlig ausgeschlossen. Allerdings kaum vor Oktober. Aber wahrscheinlich erst im nächsten Jahr.

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