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Ilka Schröder

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WTO | Denkpause 2 | 13.12.99

WTO in der Krise

Millennium verschoben

Das ergebnislose Ende der Seattle-Konferenz ist ein Etappensieg für die Protestbewegungen und die USA. Jetzt ist aber Wachsamkeit geboten. Es besteht die Gefahr, daß in Genf hinter verschlossenen Türen weiterverhandelt wird und Entscheidungen ohne öffentlichen Druck durchgestimmt werden.

Transparenz und Verläßlichkeit gab es in Seattle nur von den GegendemonstrantInnen. Jeden Morgen um 7:00 Uhr Ortszeit waren die Straßen dicht und KongreßteilnehmerInnen in ihren Hotels eingesperrt, weil die Polizei weder Rein noch Raus gewährte.
Im Kongreßzentrum wurde Transparenz nur nach außen propagiert. Am zweiten Tag sagte man die offiziellen Verhandlungsrunden kurzerhand ab. Statt dessen fand alles Tauziehen in sogenannten Green Rooms statt, also in informellen Kreisen, zu denen außer den Industrieländern nur wenige andere Staaten Zutritt hatten.
Trotz des Scheiterns lohnt es sich, die inhaltlichen Debatten näher zu betrachten. Denn: Obwohl es kein Abschlußdokument gegeben hat, haben alle TeilnehmerInnen die Wichtigkeit eines weiteren Verhandlungsversuches im nächsten Jahr beteuert. Daß allerdings weder Ort noch Zeit festgelegt wurde, spricht eher gegen eine baldige Einigung.
Beim brisanten Thema Landwirtschaft waren die Unterschiede vor allem zwischen den USA und EU wie erwartet hoch und letztlich unüberbrückbar. Die Zeit läuft gegen die EU. 2004 endet die Friedensklausel für Agrarsubventionen, die sich nur einstimmig verlängern läßt. Von heute auf morgen werden dann alle Exportsubventionen illegal - alle Zuwiderhandlungen sind vor dem WTO-Schiedsgericht einklagbar.
Doch auch ohne neue Verhandlungsrunde wird dieses Thema wie auch die Dienstleistungen im GATS-Abkommen verhandelt - darauf hatte mensch sich zu Ende der letzten Runde in Marrakesh geeinigt.
Für die Frage der Biotechnologie hatten die USA bereits im Vorfeld den Vorschlag unterbreitet, eine Arbeitsgruppe Handel und Biotechnologie einzurichten. Dafür sprachen sich in Seattle nun auch die EU und einige weitere Staaten aus.
Damit drohen andere internationale Konventionen zu dem Thema in der Mottenkiste verschwinden. Insbesondere die Biodiversitätskonvention (BDC) und darin enthalten das Bio Safety Protocoll, für das die Verhandlungen im Januar 2000 in Montreal abgeschlossen werden sollen, sind gefährdet. Die USA haben aufgrund des starken Gegenwindes der Industrie die BDC nicht unterschrieben, obwohl diese Konvention in Teilen sogar biotechnologiefreundlich ist.
Zum Thema E-commerce liegen unbestätigte Berichte vor, nach denen die demnächst auslaufende Zollbefreiung für den elektronischen Handel (speziell für Finanzdienstleistungen von großer Bedeutung) verlängert werden soll. Dieses Thema gewinnt rapide an Bedeutung und wird deshalb sehr wahrscheinlich beim nächsten Mal verhandelt.
So stehen auch Investitionen und Wettbewerb weiterhin nicht nur für die EU ganz oben auf der Wunsch-Tagesordnung. Für beides werden Arbeitsgruppen vorgeschlagen, noch liegt aber keine Einigung vor. Bei den USA, Venezuela und anderen Ländern steigt das Interesse an einem Forstabkommen.
Von Umweltstandards war keine Rede, die Sozialstandards wurden von den USA mit dem Verbot von Kinderarbeit verwechselt, was schließlich alles andere als sozial ist. Kinderarbeit bietet in vielen Ländern für viele Familien die einzige Möglichkeit zum Überleben.
Statt einem Verbot und einer damit einhergehenden Illegalisierung und damit weiteren Entrechtung von jungen ArbeitnehmerInnen, wäre finanzielle Unterstützung etwa für eine bessere Ausbildung genauso wie Rechte nicht nur für die arbeitenden Kinder notwendig. Sollte etwas gegen ausbeuterische Arbeitsverhältnisse unternehmen werden, müßte zu allererst jede Art von Zwangsarbeit verboten werden.

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