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Ilka Schröder

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Expo2000 | Denkpause 3 | 25.01.00

Technikglauben und Wirtschaftsallmacht

Expo2000

»Brot und Spiele« sollst Du dem Volk geben, sagten schon die alten RömerInnen. Die Olympischen Spiele 2000 in Berlin konnten zwar verhindert werden, dafür gibt es jetzt in Hannover eine andere Mega-Show - die EXPO.

[Ilka Schröder fordert | Weitere Informationen]

Mit dem Motto »Mensch-Natur-Technik« soll die EXPO 2000 nach dem Willen der VeranstalterInnen ein Signal dafür setzen, »daß wir erkannt haben, daß wir Menschen auf dieser Erde alle zusammen in einer Welt leben. Es macht keinen Sinn, uns in eine erste, zweite, dritte oder vierte Welt aufzuteilen, wenn wir neue Wege suchen.«

Bekannt sind solche Aussagen aus der Agenda 21, dem Abschlußdokument der UN-Umweltkonferenz von Rio 1992. Auch hier werden technische Lösungen und die Kommandoübernahme der kapitalistischen Wirtschaft als »gleichberechtigte Partner« der Regierungen gefordert. Die Grundaussage, daß wir alle im gleichen Boot säßen, ist identisch. Wer bei wem verschuldet ist und wer auf die Kosten anderer lebt, spielt keine Rolle mehr.

Nicht nur die Vision von einer freien Marktwirtschaft, mehr noch, einer gesamten Marktgesellschaft, in der kein Winkel vor dem Markt verschont bleibt, soll auf der EXPO vermittelt werden. Der Kapitalismus ist für alle Probleme die einzige Lösungsmöglichkeit, »there is no alternative«. Als Mittel gegen die Probleme der Welt werden - ebenfalls eine Parallele zur Agenda 21 - vor allem technisch-patriarchale Lösungen angeboten: Atomkraft löst die Energieknappheit, die Bio- und Gentechnologie sowie »Bevölkerungskontrolle« sind für die Lösung der Hungerprobleme zuständig.

Die beiden unter EuropäerInnen wohl bekanntesten Symbole einer Weltausstellung sind mit dem Eifelturm in Paris und dem Atomium in Brüssel zu sehen. Letzteres warb 1958 für die sogenannte friedliche Nutzung der Atomenergie. Bereits 1851 in London auf der ersten Weltausstellung war es das Ziel, Fortschrittsglauben und Vertrauen in technische Neuerungen zu schaffen.

Ursprünglich sollte eine DNS-Doppelhelix das Wahrzeichen der EXPO 2000 werden. Diese hätte - besser noch als die schwabbernde Puddinghaut von heute - deutlich gemacht, worum es geht: Menschen und Natur bis in den letzten Winkel zu kontrollieren. »Die Botschaft der EXPO ist damit eindeutig: Nach der Eroberung der äußeren Natur geht es zukünftig stärker um die Erfassung und Vermessung der inneren Natur. Ziel des Human-Genom-Projektes ist u.a., die Gensubstanz aussterbender Bevölkerungsgruppen - sozusagen die Kollateralschäden der normalen kapitalistischen Entwicklung - zu sichern, um sie einer späteren Verwertung zugänglich zu machen.« wird in der Einladung zum Bundeskongress der entwicklungspolitischen Aktionsgruppen (BUKO) zusammengefaßt.

Deutschlands neue Rolle in der Welt soll durch die EXPO noch einmal bestätigt werden. EXPO-Generalkommissarin Birgit Breuel: »Deutschland kann mit der EXPO 2000 einmal mehr beweisen, daß es aus dem Schatten dieses Jahrhunderts mit zwei Weltkriegen herausgetreten ist und sich zu einer lebendigen Demokratie gewandelt hat.« Das Anti-EXPO-Bündnis »Tipp-Ex« sieht darin den Willen der BRD, »von der Bürde der Nazi-Vergangenheit befreit… ihren politischen und ökonomischen Führungsanspruch weltweit auch militärisch durchzusetzen.«

Hoffnungsvoll stimmt die Strategie der außerparlamentarischen Linken, auf das umfassende Zukunftskonzept der EXPO mit einer ebenso umfassenden Kritik zu reagieren. Statt nur die Auswüchse im jeweiligen Themenfeld einer »Ein-Punkt-Bewegung« zu kritisieren, muß dem Weltbild der EXPO ein umfassendes und faszinierendes Alternativbild entgegengehalten werden.

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[Expo2000] Ilka Schröder fordert:

Eine Gesellschaft, die soziale Beziehungen ausschließlich über den Markt und über Repression regelt, wird die sozialen Widersprüche niemals überwinden, sondern weiter verschärfen.

  • Statt patriarchal-kapitalistischem Technikwahn müssen soziale Menschenrechte garantiert werden: Recht auf Gesundheit, Bildung, angemessene Ernährung, Wohnung, Selbstbestimmung, Information und Diskriminierungsfreiheit.
  • Eine Absage der EXPO wäre zwar wünschenswert, ist aber - auch wenn die EU-Institutionen noch aussteigen sollten - kaum realistisch. Daher sollte die EXPO so weit wie möglich behindert werden. Ein gutes Vorbild sind die bunten, unberechenbaren und intensiven Straßenproteste in Seattle.

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Zum Weiterlesen:

FAQten zur Expo 2000

  • Wer? Veranstalterin der EXPO 2000 ist die Bundesregierung. Vorbereitung und Durchführung erledigt die eigens gegründete EXPO 2000 GmbH. Der Aufsichtsrat der GmbH hat zehn Sitze, von denen fünf die Wirtschaft besetzt. Die anderen Mandate entfallen auf die Bundesregierung, das Land Niedersachsen, die Stadt Hannover, und einen Gewerkschaftsfunktionär. Generalkommissarin ist die ehemalige Treuhandkommissarin Birgit Breuel. GmbH-Geschäftsführer ist neben ihr Dr. Reinhard Volk. Wer soll das bezahlen: Während der Aufsichtsrat 50/50 von Staat und Wirtschaft besetzt ist, ist die Wirtschaft mit nur 20% am Stammkapital (100 Millionen DM) der EXPO-GmbH beteiligt und trägt darüberhinaus kein weiteres Risiko. Der Staat bürgt mit mehr als einer Milliarde DM für Verluste der EXPO.
  • Wo? Hannover auf dem Gelände der Deutschen Messe AG, von der auch die Idee der EXPO in Hannover stammt. Das Messegelände wird für die EXPO stark erweitert.
  • Wann? Vom 1. Juni bis 31. Oktober 2000.
  • Wie? Zentrale »Länderpavillons« und der »Themenpark« in Hannover, dezentrale Projekte in ganz Deutschland und anderen Staaten. Unter dem Motto »Mensch-Natur-Technik« sind mit viel Geld zahlreiche alternativbürgerliche Projekte für die EXPO geködert worden und verleihen ihr damit einen »grünen« Anstrich.
  • Was? Regierungen von über 190 Ländern stellen sich in den »Länderpavillons« dar. Im Zentrum steht natürlich der deutsche Pavillon, auch aus diesem Grund will sich die USA nicht beteiligen, munkelt man in gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen. Im »Themenpark« stellt die Wirtschaft aus. Auch die EU ist auf der EXPO mit einem Pavillon bemüht, ein besseres Verständnis ihrer Rolle durch die BürgerInnen zu erreichen. Mit seiner Architektur wird Europas Aufbau und die Rolle in der Welt deutlicher vor Augen geführt: Die EU wird als geschlossenes Element präsentiert.

www.expo2000.de
Am entlarvendsten sind wohl die Aussagen der EXPO selbst.

www.xposition.de
Kritisches Forum zur EXPO.

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