Editorial | Denkpause 5 | 27.03.00
LiebeR LeserIn,
Nach den Personalentscheidungen können wir nun zur Sachpolitik zurückkehren und uns fragen, wozu die Organisationen eigentlich gut sind. Gerade in Bezug auf den Iwf sollte man diese Frage stellen, noch bevor der neue Chef seine Visitenkarten gedruckt hat. Der Krieg in Jugoslawien war nicht der erste, der durch die Strukturanpassungsprogramme dieser Organisation mitverursacht wurde. Für die Strukturanpassung an die schöne bunte Wirtschaftswelt braucht man eigentlich keinen Iwf. Zumindest Deutschland schafft es auch so: Die rot-grüne Steuerbefreiung der Veräußerungsgewinne erleichtert den Banken ein Abstoßen ihrer Industriebeteiligungen. Sowohl Neoliberalismus als auch Steuerstreichungen tun der Industrie gut. »Geht´s der Wirtschaft gut, freut sich der Arbeitsmarkt«, so die Vulgärökonomen der Neuen Mitte. Gegen den Trend hat nun leider die Fusion von Dresdner und Deutscher Bank zigtausend Arbeitsplätze vernichtet. Aber halb so schlimm: Wer steht schon gerne in einem piekfeinen Anzug hinter einem Banktresen? Gut für die eigentlich liberalisierte, dann aber doch auf Monopole zulaufende Wirtschaft ist auch noch, daß ein bald noch stärker verflechteter Banken- und Versicherungskonzern die Politik noch besser erpressen kann, als das heute schon möglich ist. Die CDU muß die Folgen bereits jetzt spüren: Die Großbanken wollen ihr keine weiteren Kredite mehr geben. Für den »Global Player« Deutschdresdner Bank oder die wohl als nächstes fusionierende Commerzbank ist eine deutsche Oppositionspartei uninteressant. Die Konzerne übernehmen die Macht im Staat. Ob dieses durch eine Steuer auf (»böse«) kurzfristige internationale Spekulationen geändert werden kann, ist fraglich. Was die profitierenden (»guten«) Regierungen mit der neuen Finanzquelle machen würden, ebenfalls. Die Bundesregierung könnte dem »Mehringhof« in Berlin, einem alternativen Projekt, das vor einigen Monaten von der (»guten«) Staatsgewalt durchsucht wurde, mit den Einnahmen locker den sechsstelligen Sachschaden der Polizeigewalt ersetzen. Vielleicht aber würde Europa auch einige tausend neue Grenzsicherungsposten einrichten, vielleicht könnte Deutschland für Geheimdienst, Verfassungsschutz, Wirtschaftsförderung und StrafverfolgerInnen ein eigenes »Echelon«-Überwachungssystem bauen? Neben der Tobin-Steuer ist die Überwachung von e-Mails das zweite Schwepunktthema dieser Ausgabe. Der alte Spruch »Schreibe in eine e-Mail nichts, was Du nicht auch auf eine Postkarte schreiben würdest!« ist noch verharmlosend, da keine Geheimbehörde täglich zwei Milliarden Postkarten auf ihren Inhalt hin untersuchen könnte. In der Denkpause stelle ich immer wieder die Erfolge der europäischen Integration heraus. In dieser Ausgabe sind einige Tendenzen der sozial-ökologisch und reformorientierten Grenzsicherungs- und Militärpolitik auf dem Prüfstand. Auf einen Blick: |
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