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Ilka Schröder

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konkret 4/03

Interview mit der parteilosen Europaabgeordneten Ilka Schröder zur Zensur ihrer Anzeigen "Sponsord by EU? Gegen EU-Hilfen für antisemitische Terroristen." durch die Vereinigte Linke

Die parteilose Europaabgeordnete Ilka Schröder hat im Sommer einen parteiübergreifenden Antrag für einen Untersuchungsausschuß über die Verwendung von EU-Geldern zur Finanzierung palästinensischen Terrors und über mögliche EU-Finanzhilfen für antisemitische Terrorgruppen im Nahen Osten mitinitiiert. Jetzt hat ihr die Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke, ein Zusammenschluß der Linken im Europaparlament, deren assoziiertes Mitglied sie nach ihrem Austritt aus der grünen Fraktion ist, untersagt, weiterhin Anzeigen zu diesem Thema zu schalten.

"Man sieht einfach weg, während die EU-Kommission und insbesondere Außenkommissar Patten ständig Öl ins Feuer schütten und die Augen verschließen, wenn die PA europäische Steuergelder an antisemitische Terroristen durchwinkt."

konkret: Gegen EU-Hilfen an antisemitische Terroristen. Was hat die linke Fraktion im Europaparlament gegen diese Forderung in ihren Anzeigen?

Schröder: Diese Frage muß sich die Fraktion stellen lassen. Mein Statement in der Anzeige ist ja noch nicht einmal eine einseitige Positionierung im Nahost-Konflikt. Aufgrund der Bestimmungen des Europäischen Parlaments muß das Fraktionslogo auf solchen Anzeigen mitgedruckt werden.

konkret: Heißt das, es gibt jetzt ein Verbot der Fraktion diese Anzeigen weiterhin zu schalten?

Schröder: Ja. Ich habe sogar vorgeschlagen, in die Anzeigen einen Hinweis aufzunehmen, daß die Fraktion mehrheitlich diese Position nicht teilt. Selbst damit ist die Fraktionsführung nicht einverstanden. Mir ist dadurch die Möglichkeit verwehrt worden, effizient die Öffentlichkeit zu informieren. Es läuft also alles auf einen Akt der Zensur durch die Linke Fraktion hinaus. Man kann offensichtlich mit EU-Steuergeldern zwar antisemitischen Terror finanzieren, nicht aber Öffentlichkeitsarbeit dagegen.

konkret: Sie vermuten, daß dieser Zensur ein inhaltlicher Dissens zugrunde liegt?

Schröder: Natürlich. Das bestreitet niemand. Die Fraktion verweigert sich aber einer direkten Konfrontation mit mir, weil sie wohl einen Möllemann-Skandal auf der Linken verhindern will.

konkret: Die Forderung nach einem Untersuchungsausschuß unterstützen auch andere Abgeordnete der Vereinigten Linken. Wie ist das vereinbar mit den Maßnahmen gegen Ihre Anzeigen?

Schröder: Auch mein Einsatz für den Untersuchungsausschuß mißfällt natürlich der Fraktion. Ein französischer Fraktionskollege, der den Antrag zunächst unterstützt hatte, wurde bearbeitet, bis er schließlich seine Unterschrift zurückzog. Wohlgemerkt beinhaltet der Antrag ja noch keine Verurteilung, sondern nur die Aufforderung, daß die eindeutigen Hinweise auf die Förderung des antisemitischen Terrorismus mit EU-Geldern genauestens untersucht werden sollen. Meine Fraktion bevorzugt aber das Wegschauen.

konkret: Ist es denn üblich, daß der Fraktionsvorstand oder die Mehrheit Fraktion bei der Vereinigten Linken einzelnen Abgeordneten die Schaltung von Anzeigen untersagt?

Schröder: Überhaupt nicht. Das ist das erste Mal in dieser Legislaturperiode, die bereits seit Juni 1999 andauert. Es wurde auch in den Diskussionen immer wieder betont, daß dies ein Sonderfall sei.

konkret: Konföderale Fraktion - das bedeutet doch eigentlich eine Fraktion, die den einzelnen nationalen Delegationen und ihren Mitgliedern größtmögliche Freiheit ihrer Positionen beläßt?

Schröder: Das Anzeigenverbot verletzt den konföderalen Charakter der Fraktion. Wo die Fraktion Möglichkeiten zur Zensur hat, werden sie beim Nahost-Thema genutzt – etwa bei der Verteilung der Redezeiten im Plenum oder bei den jedem Abgeordneten eigentlich zustehenden Geldern für solche Anzeigen.

Konkret: Wie steht denn die linke Fraktion generell zum Thema des beantragten Untersuchungsausschusses?

Schröder: Die Fraktionsspitze ist momentan die eifrigste Verteidigerin von EU-Außenkommissar Patten, sowohl innerhalb des Parlaments, als auch vor der Öffentlichkeit. Es wird argumentiert, diese Zahlungen zu problematisieren, beruhe auf einer Kampagne der israelischen Regierung. Den Vorwurf der Finanzierung des Terrors selbst weist man mit der Argumentation zurück, man habe vor Ort die EU-Delegationsvertreter gefragt und diese hätten erklärt, daß an den Vorwürfen nichts dran sei.

konkret: Die Parlamentarier verlassen sich also auf die bloßen Versicherungen der EU-Exekutive?

Schröder: Genau. Hier paßt absolute Autoritätshörigkeit ins Konzept einer Fraktion aus Altkommunisten und neuen bunten Linken. Der Beweis für die Fraktionsspitze der Vereinigten Linken, daß die Gelder der EU nicht von der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) an palästinensische Terroristen weitergeleitet werden, beruht auf den reinen Zusagen derer, die unmittelbar mit den Zahlungen an die PA befaßt sind. Die Fraktion ist mehrheitlich der Meinung, daß alles in Ordnung ist, wenn EU-Außenkommissar Chris Patten bestätigt, es sei so. Das ist wie wenn ein Richter vor der Aufnahme eines Verfahrens sagt, der Angeklagte ist trotz vorliegender Beweise unschuldig, weil er seine Taten abstreitet.

konkret: Es wird Ihnen immer wieder vorgeworfen, daß sie mit der Beantragung des Untersuchungsausschusses das Ziel verfolgten, daß in Zukunft auch keinerlei humanitäre Hilfen mehr an die Palästinenser von der EU geleistet würden.

Schröder: Wenn die Gelder die humanitäre Situation von Palästinensern vor Ort verbessern helfen würden, hätte ich damit überhaupt kein Problem. Im Gegenteil. Aber solange die Gelder, die für humanitäre Zwecke gezahlt wurden und für eine deutliche Verbesserung des Lebensstandards auch ausreichen würden, in terroristische Kanäle umgeleitet werden und solange mit Hilfe von EU-Geldern antisemitische Propaganda befördert wird, solange sollten soviel Kontrollmechanismen wie möglich eingeführt werden. Ein Teil der Hilfe müßte zur Zeit gestoppt werden, weil bei einer Vielzahl von EU-Geldern nicht sichergestellt werden kann, daß sie nicht zur Förderung antisemitischer und antijüdischer Gewaltakte ausgegeben werden.

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