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Ilka Schröder

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Presseerklärung [English]
Nr. 20/2001, Brüssel 05.09.2001

Europäisches Parlament zur Kommunikationsüberwachung

Cyber-Polizeistaat Europa

Heute behandelt das Europäische Parlament in Strasbourg drei Berichte, die die Überwachung der elektronischen Kommunikation zum Gegenstand haben: Das EP berät und entscheidet über den Abschluss-Bericht des Echelon-Ausschusses, über einen Bericht zum Datenschutz in der elektronischen Kommunikation sowie einen zur Bekämpfung der so genannten Computerkriminalität (“Cybercrime”). Dazu erklärt Ilka Schröder MdEP, Verfasserin der Minderheitsposition zum Echelon-Bericht und der Stellungnahme des Industrie-Ausschusses zum Datenschutz-Bericht:

Was das Europäische Parlament mit den Händen aufbaut, das reißt es mit dem Hintern wieder ein. Die hehren Absichtserklärungen zum Schutz der Privatsphäre im Datenschutz-Bericht werden durch die Maßnahmen ad absurdum geführt, die im Cybercrime-Bericht und in den Schlußfolgerungen zum Echelon-Abhörsystem anvisiert werden.

Neben den SchnüfflerInnen im Netz fördert das EP mit dem Richtlinien-Vorschlag zum Datenschutz auch die VersenderInnen von unerwünschten Werbe-E-Mails. Mit Ihren Online-Gebühren zahlen die EmpfängerInnen praktisch die Nachnahme-Gebühren für elektronische Post, die millionenfach verschickt wird.

Zu Recht kritisiert der Bericht des Echelon-Ausschusses, dass fünf Staaten unter Führung der USA eine weltumspannendes Abhörsystem aufgebaut haben. Hinter der Kritik steckt jedoch eine böse Absicht: Mit Echelon soll der Aufbau eines EU-Geheimdienstes legitimiert werden. Das unter der Bezeichnung “Enfopol” bekannt gewordene europäische Überwachungssystem wird Echelon alt aussehen lassen: Über Jahre sollen Gesprächsdaten und -inhalte gespeichert werden, damit Geheimdienste und Polizei jederzeit darauf zugreifen können. Im Cederschiöld-Bericht zu Cybercrime findet man zu diesem Grundrechtseingriff nur beredtes Schweigen.

Alle Bekenntnisse zum Datenschutz nützen nichts, wenn gleichzeitig ein immer dickerer Katalog von Ausnahme-Tatbeständen geschaffen wird und wenn die Hauptverdächtigen — Polizeien und Geheimdienste — von vorne herein von allen Datenschutzbestimmungen in diesem Bericht ausgenommen sind. Zusätzlich werden ihnen immer neue Ermittlungsmöglichkeiten eingeräumt.

Den schönen Worten von der digitalen Zukunft Europas zum Trotz: Die EU wird zum Cyber-Polizeistaat ausgebaut, in dem die Menschen keinen digitalen Schritt mehr unbeobachtet tun. Diese Entwicklung treibt das Europäische Parlament mit voran.

Für Ihre Recherche
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http://www.heise.de/tp/deutsch/special/enfo/default.html
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