aus: konkret 4/03
Front gegen Israel Warum die Fraktionsführungen des EU-Parlaments einen Ausschuß zur Untersuchung der EU-Zahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde verhindern wollen. Von Ilka Schröder Was ist los, wenn Abgeordnete, die Nation und Staat generell eine dufte Sache finden, gegen übliche Polizeiverfahren den Vorwurf des Staatsterrors erheben und überall den allmächtigen, weil jüdischen Geheimdienst wittern? Worum geht es, wenn bürgerliche Politiker von der sogenannten Kontrollfunktion des parlamentarischen Betriebes, für deren politikwissenschaftliche Verkitschung erkleckliche Summen ausgegeben werden, plötzlich nichts mehr wissen wollen und wenn die ungeklärte Verwendung von öffentlichen Geldern den Bund der Steuerzahler einmal nicht auf den Plan ruft? Dann weiß man: Es geht um Israel. Deswegen war es schwierig, 160 Abgeordnete des Europäischen Parlaments (EP) für meinen Antrag zur Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zu gewinnen, der die EU-Zahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) untersuchen sollte. Die meisten Parlamentarier möchten eine solche Untersuchung vermeiden. Denn wenn festgestellt werden sollte, daß die PA die europäischen Hilfsgelder an antisemitische Terrororganisationen weiterleitet und die EU das augenzwinkernd toleriert, dann geht es nicht allein um veruntreute Euros. Dann könnte die gesamte Nahost-Politik der EU in Frage stehen. Insofern war es folgerichtig, daß die Konferenz der Fraktionsvorsitzenden beschloß, den Antrag, obwohl er von genügend Abgeordneten unterstützt wird, gar nicht erst dem Parlament zur Abstimmung vorzulegen. Die Geschäftsordnung war bisher in diesem Punkt durchweg anders interpretiert worden: Wenn die Fraktionschefs Anträge auf Untersuchungssauschüsse nicht befürworteten, legten sie diese dennoch - mit der Empfehlung, sie abzulehnen - im Plenum vor. Die Neuinterpretation der Geschäftsordnung in diesem Fall sollte jedoch nicht überraschen. Der Anlaß ist den Fraktionsführungen eine Revision wert gewesen, handelt es sich doch bei dem Gegenstand des geplanten Untersuchungsausschusses um einen Pfeiler der europäischen Außenpolitik, den man nicht beschädigt sehen will. Das zeigt auch die Größenordnung, die die Finanzhilfen an die Region im europäischen Haushalt einnehmen: Die EU hat in den Jahren 2000 und 2001 zusammen mindestens 330 Millionen Euro über verschiedene Kanäle in die palästinensischen Autonomiegebiete fließen lassen. Schon seit dem Osloer Friedensprozeß rüstet die EU die Palästinensische Autonomiebehörde zu einem halbwegs funktionsfähigen staatlichen Gebilde auf, das in der Lage ist, von Israel weitere Zugeständnisse zu erpressen - oder Israel mit Krieg zu überziehen. Nach außen betont die EU stets, daß sie - ganz ausgewogen - beide Seiten mahne, Frieden miteinander zu schließen. Doch nicht nur die Resolutionen des EP sprechen eine andere Sprache: Während die israelische Seite in der Regel als die Partei ausgemacht wird, von der die Gewalt ausgeht, wird jede palästinensische Aktion als bloße Reaktion verstanden und die Palästinenser stets Opfer. Zur Frontstellung gegen Israel gehört auch die Forderung des EP, das israelisch-europäische Assoziationsabkommen aufzukündigen. Europäische Vertreter plauderten auf der UN-Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban gerne über den rassistischen Charakter des »Zionismus« und diverse europäische Parlamentarier verlangten von Israel Schadensersatz für die von der israelischen Armee durchgeführten Zerstörungen z.B. des durch die EU gesponserten antisemitischen Propagandasenders der PA. All das liefert die ideologische Begleitmusik zur handfesten Konkurrenz mit den USA, welche den Ausgangs- und Zielpunkt für die Ausrichtung der EU-Politik im Nahen Osten darstellt. Den Vereinigten Staaten soll ihre Rolle als einzig relevante Großmacht, die in dieser Region präsent ist, streitig gemacht werden. Nur so ist das Bemühen der EU zu verstehen, die USA in möglichst schlechtem Licht erscheinen zu lassen, um sich dagegen selbst als ehrlicher Makler zu profilieren. Es liegt im Interesse der aufstrebenden Macht EU, den Nahost-Konflikt zu »internationalisieren«. Nur so lange der Krieg andauert, gibt es auch Bedarf für eine internationale Lösung. Deswegen darf auch die von der EU unterstützte Seite im israelisch-palästinensischen Konflikt nicht vor dem geplanten Vermittlungsakt der EU aufgeben. Das ist der unmenschliche Zweck der humanitären Hilfe der EU. Auch wenn man sich sonst in anderen Fragen über die konkrete Ausgestaltung von Konkurrenz und Bündnis mit den USA uneinig ist: In der Frontstellung gegen Israel haben das alte und das neue Europa keinen Dissens, überbieten sich vielmehr in diplomatischen Unfreundlichkeiten gegenüber Israel. Während das friedensliebende Belgien den israelischen Ministerpräsidenten als Kriegsverbrecher anklagen läßt, ist das freiheitsliebende Spanien damit beschäftigt, Zölle auf israelische Waren zu erheben und damit das EU-Handelsabkommen mit Israel zu verletzen. Die Beispiele zeigen, daß die ideologische Begleitmusik nicht nur eine geostrategische Konkurrenzhandlung orchestriert. Die europäische Pflege der palästinensischen Volksseele, welch nun mal am antisemitischen Vernichtungswunsch hängt, ist kein bloß instrumenteller Akt des EU-Imperialismus. Gehen die Mitgliedsstaaten gemeinsam vor, kommen erhebliche Summen zur Unterstützung der PA zusammen. Aus dem Haushalt der EU wird das Flüchtlingshilfswerk für Palästinenser der Vereinten Nationen (UNRWA) gefördert, das in Zusammenarbeit mit den arabischen Staaten alles tut, das Flüchtlingsproblem offen zu halten. Durch ihre Lebensumstände sollen die Palästinenser jeden Tag daran erinnert werden, wer ihr »Feind« ist. Damit wird der PA ein Mittel in die Hand gegeben, mit der Forderung nach einem »Rückkehrrecht« jede ernsthafte Friedensverhandlung im Ansatz zu torpedieren. Immerhin 57 Millionen Euro ist das der Europäischen Union allein im Jahr 2003 wert. Als die israelische Regierung Ende 2000 die bisher an die PA weitergeleiteten Steuereinnahmen einfror, weil damit die Mordanschläge gegen Bewohner Israels finanziert würden, sprang die EU in die Bresche. Statt den israelischen Hinweisen auf eine verabredungswidrige Verwendung der Gelder nachzugehen, wurden zusätzliche 90 Millionen Euro als direkte Haushaltsbeihilfe überwiesen. Als die PA im Juni 2001 wieder Geldsorgen hatte, gab der entsprechende Ausschuß des EP die Zahlung von 10 Millionen Euro direkter Budgethilfe frei und zwar monatlich. Um den Verbleib der Fördergelder zu kontrollieren, müsste man den gesamten Haushalt der PA überprüfen. Der EU-Kommissar für Außenbeziehungen, Christopher Patten, wird nicht müde zu erklären, daß der Internationale Währungsfonds (IWF) den PA-Haushalt kontinuierlich überwache: »The IMF continuously monitors the implemention of this budget«. Der IWF selbst behauptet das Gegenteil: »The IMF does not monitor foreign assistance to the Palestinian Authority and simply provides the EU with information about broad developments related to its budget«. Daß selbst dieser offensichtliche Widerspruch keine Konsequenzen nach sich zieht, zeigt, wie sicher sich die EU ihrer Sache ist. Die Israelis wollen diesem Zeugen keinen Glauben schenken. Nach Regierungsinformationen stehen Terroristen direkt auf der Gehaltsliste der PA - was die EU-Kommission bestreitet. Vorsichtshalber fügte Patten in einem Schreiben an den EU-Abgeordneten Armin Laschet (CDU) hinzu, daß kein Staat kontrollieren könne, was seine Beamten in ihrer Freizeit tun. Doch die zahlreichen Indizien sprechen weniger für mörderische Aktivitäten einzelner PA-Beamter, als für den systematischen Einsatz von Geld, Organisation und Arbeitskraft der PA zum Zweck, Selbstmordattentäter heranzuziehen, auszubilden und für ihre Aktionen mit dem Nötigen auszustatten. Um Fördergelder aus ihrem offiziellen Haushalt loszueisen und für andere, nicht kontrollierte Zwecke zu verwenden, hat die PA verschiedene Techniken entwickelt - etwa die Zwangsbeiträge an die Fatah. Jeder Mitarbeiter im öffentlichen Dienst der Palästinenser muß Geld an die Regierungspartei abführen. Eineinhalb bis zwei Prozent der EU-finanzierten Gehälter werden hierfür aufgewendet. Die EU-Kommission rechtfertigt und vergleicht diese Zwangsbeiträge mit Pflichtabgaben für skandinavische und englische Gewerkschaften sowie die Arbeitnehmerkammern in Bremen und im Saarland. Allerdings sind diese Organisationen weder Regierungsparteien, noch verfügen sie über Verbindungen zu völkischen Mörderbanden. Je erdrückender die Beweislast gegen die Arafat-Behörde und die Europäische Kommission wird, desto heftiger wird auch der Widerstand gegen eine darauf gerichtete Untersuchung im Europäischen Parlament. Meine Fraktion, die Konföderation der Vereinigten Europäischen Linken, hat schon im letzten Herbst die Veröffentlichung von Anzeigen mit dem Spruch »Sponsored by EU? Gegen EU-Hilfen an antisemitische Terroristen« mit dem - für die Finanzierung der Anzeigen durch das Europäische Parlament notwendigen - Fraktionslogo verboten. (Siehe: Konkret 1/03). Seitdem der Antrag für einen Untersuchungsausschuß das nötige Quorum an Unterzeichnern bekommen hat, steht nun die mir im Herbst ausdrücklich genehmigte Informationsarbeit unter dem Fraktionslogo zur Disposition. Es geht im Nahen Osten nicht um Betrug und Korruption: Ein Versickern europäischer Steuergelder lediglich in privaten Swimmingpools und Beamten-Portemonnaies hätte schon längst eine größere Zahl von Abgeordneten zu einer Unterschrift bewegt. Die Investition in antisemitischen Mord und die augenzwinkernde Toleranz der EU dafür, daß Hilfsgelder für die Ermordung von Juden und zur Belohnung von Märtyrerfamilien verwendet werden, haben einen eindeutigen politischen Hintergrund. Es wäre eine Überschätzung der Möglichkeiten vieler EP-Abgeordneter, zu glauben, sie würden in ihrer Gesamtheit die eigene Parteinahme im Konflikt der EU mit den USA verstehen. Viele wissen es nicht, was sie da eigentlich tun, aber sie gestalten diese Konkurrenz tatkräftig mit. Der Bewußtseinszustand eines durchschnittlichen Abgeordneten des Europäischen Parlaments unterscheidet sich kaum von dem eines durchschnittlichen europäischen Friedensdemonstranten. Die ihm eigene Mischung aus Moralismus, Naivität, Antiamerikanismus und Antizionismus bietet aber eine Chance für diejenigen, die genau wissen, wozu sie den Nahen Osten benötigen. Man wird vom Untersuchungsausschuß, wird es ihn irgendwann geben, allerdings auch nicht zuviel erwarten dürfen. Die akzeptierende bis unterstützende Haltung der meisten Europaabgeordneten gegenüber dem antisemitischen Terror der organisierten Palästinenser und anderer völkischer »Befreiungsbewegungen« würde sich auch im Abschlussbericht widerspiegeln. Europe's hidden war against the US, und damit die Finanzierung antisemitischer Mörderbanden, wäre mit dem Bericht eines Untersuchungsausschusses leider nicht zu Ende. Aber könnte man ihn damit ein wenig stören. Die Autorin ist parteilose Abgeordnete im Europäischen Parlament. |
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