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Ilka Schröder

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Datum: 13.07.2000
Autor: Frank E. Lippold
Quelle: Berliner Morgenpost

Die Eurofighterin mit den Denkpausen

Diesmal hat sie ausgerechnet einen Parteifreund beleidigt: Nach dem erneuten Eklat droht der grünen EU-Abgeordneten Ilka Schröder der Parteiausschluss

Von Frank E. Lippold

Berlin - Es wird eng für Ilka Schröder, die grüne Europaabgeordnete aus Berlin-Reinickendorf. Selbst ein Parteiausschlussverfahren ist denkbar. Die 23-Jährige hat «gegen die Grundregeln des menschlichen, des politischen Anstandes verstoßen, den Bereich des Tolerierbaren bei weitem überschritten», sagte Hubert Kleinert, Chef der Hessen-Grünen, gestern der Berliner Morgenpost. Sein Verband fordere deshalb eine Entschuldigung von Frau Schröder. Verweigere sie die, werde man über weitere Schritte nachdenken.

Kleinert zum Hintergrund der Affäre: «Der unserem Verband angehörende Europaabgeordnete Ozan Ceyhun aus Groß-Gerau bat uns um Hilfe, nachdem ihm Ilka Schröder vorgeworfen hatte, er steche den Flüchtlingsleichen von Dover ,noch ein Messer in den Rücken.´» Sie habe ihre ehrverletzende Auslassung in einer Presseerklärung damit begründet, dass Ceyhun nach dem Erstickungstod von 58 chinesischen Flüchtlingen in einem Lkw für «härtere polizeiliche Maßnahmen gegen Menschenschmuggler und eine gemeinsame EU-Einwanderungspolitik» plädiert hat. Kleinert: «Wir forderten Ilka Schröder nach diesem ungeheuerlichen Vorgang in einem Brief dringend auf, sich gegenüber Ceyhun öffentlich zu entschuldigen. Spätestens bis zum nächsten Treffen des Landesvorstandes am 8. August.»

Ilka Schröder hingegen bleibt hart. «Ich werde dieser Forderung nicht nachkommen. Tatsächlich ist Herr Ceyhun der erste, der sich entschuldigen müsste, weil er den Polizeistaat EU fördern will», sagte die Abgeordnete gestern. Sie könne die Diskussion ohnehin nicht nachvollziehen, weil nicht gesagt werde, welche ihrer Positionen unvereinbar mit denen der Grünen seien. «Eher ist die Lage andersrum.» Schließlich habe Ceyhun seine Forderung nach stärkeren Polizeimaßnahmen in einer fraktionsüberschreitenden «Resolution zu Dover» zurückziehen müssen, weil die laut Fraktionsvorsitzendem Paul Lannoje nicht mehrheitsfähig war.

Die jüngste Europaabgeordnete sieht der weiteren Entwicklung im Streit mit ihrem türkischstämmigen Kollegen gelassen entgegen - und kündigte an, ein eventuelles Parteiausschlussverfahren als Tribunal über die Grünen zu nutzen.

Das wäre für ihre Partei freilich alles andere als schmeichelhaft. Denn «es gibt keine politischen Gemeinsamkeiten mit Frau Schröder. Mit den abgelassenen Dummheiten hat sie sich außerhalb der Partei gestellt», konstatierte Heide Rühle, die Chefin der deutschen Grünen in Brüssel. Tatsächlich ist die Ökonomiestudentin seit jenem Sommertag 1999, an dem sie die achtköpfige Wohngemeinschaft in Oldenburg mit Abgeordnetenbüros in Brüssel, Straßburg und Berlin vertauscht hat, in nahezu jedes denkbare Fettnäpfchen getreten. Rasch gab sich die Frau mit raspelkurzem Haar und dem einem Wasserfall gleichenden Redeschwall als Revoluzzerin, als «Eurofighterin für den Frieden» (Süddeutsche Zeitung).

Schröder zettelte zum Beispiel nicht allein eineparlamentarische Debatte über das amerikanisch-britische Abhörsystem «Echelon» an. Sie rief im Oktober zudem dazu auf, es alternativ-subversiv zu bekämpfen: Mit möglichst vielen Nonsens-E-Mails voller Reizwörter wie «communist» oder «CIA» sollte Verwirrung in den Computern des US-Nachrichtendienstes NSA gestiftet werden.

In der April-Ausgabe ihres Informationsbriefes «Denkpause» schlug Schröder schließlich vor, kriminelle Schleuserbanden aus EU-Mitteln - genauer: aus dem Europol-Etat - zu subventionieren. Die Menschenhändler würden eine «Dienstleistung», eine «humanitäre Maßnahme» erbringen. Ihr Einsatz sei für viele Menschen «die einzige Möglichkeit, nach Europa zu kommen».

Fast jede der Schröderschen «Denkpausen» provoziert mit markigen Sprüchen. Da wird Außenminister Joschka Fischer als «Lügner und Kriegstreiber» bezeichnet und - mit Blick auf die Farbbeutel-Attacke gegen ihn auf dem Grünen-Parteitag 1999 - gefragt: «Was ist ein geplatztes Trommelfell gegen die Tausende von Toten im Kosovo?» Da wird für morgen die Übergabe von «Protest-Material» wie Trillerpfeifen zur «phantasievollen» Störung des Bundeswehr-Gelöbnisses am 20. Juli in Berlin offeriert.

Damit nicht genug. Provozierend empfiehlt die Europaparlamentarierin gar: «Wer sicherstellen will, dass Deutschland weiterhin Kriege führen und gewinnen kann, sollte 2002 unbedingt die Grünen unterstützen.»

Da fragt sich, wieso die Jung-Europäerin, die sich als Lobbyisten der enttäuschten Linken versteht, überhaupt noch Mitglied der Partei ist. Für Ilka Schröder indes wäre ein Rausschmiss «völlig paradox». Sie sei nämlich «näher dran am Programm als Fischer und Co. So schnell kann man das gar nicht umschreiben, wie die sich um 180 Grad gedreht haben».

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