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Datum: 18.07.2000
Autorin: Mira Gajevic
Quelle: Berliner Zeitung
Eine Querulantin bringt die Führung in Rage
Im Grunde möchte die grüne Europaabgeordnete Ilka Schröder nur gute Dinge tun. Zum Beispiel Jugendlichen beim Protest gegen das Bundeswehr-Gelöbnis mit Regenschirmen, Tröten und roter Farbe aushelfen oder Schleuserbanden mit EU-Geldern fördern. »Meine Idee von Politik hat nichts mit Partei-Politik zu tun, sondern eher damit, aktiv zu sein. I want to do good things«, lautet ihr Verständnis von Politik, das sie einst einer englischen Zeitschrift anvertraute.
Damit kann sie aber immer seltener auf das Verständnis ihrer Parteifreunde in Berlin hoffen. Denn die jüngste Volksvertreterin im Europaparlament hat ein sicheres Händchen dafür, ihre Parteifreunde in Deutschland in Schwierigkeiten zu bringen. Ob es um die Forderung nach Subventionen für Menschenschmuggler gehe, »damit auch Minderbemittelte den Zugang finden können«, oder ihr Stänkern gegen die Grünenführung, die Berlinerin ist nicht zu bremsen und redet sich um Kopf und Kragen. »Ich muss doch sagen, was ich für richtig halte«, rechtfertigt sie sich und legt in ihrem monatlichen Informationsblatt »Denkpause« nach: »Wer sicherstellen will, dass Deutschland weiterhin Kriege führen kann, sollte 2002 unbedingt die Grünen unterstützen.«
Der Vorstand grübelt daher schon seit längerem, wie weiterer Schaden von der Partei durch die Sponti-Sprüche der 22-Jährigen abgewendet werden kann - bislang allerdings ohne Erfolg. Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer soll die Querulantin nun Anfang September ins Gebet nehmen. Doch von Parteidisziplin hat die aufsässige Grüne bisher nicht viel gehalten. Nun hat sie den hessischen Landesverband der Grünen gegen sich aufgebracht, der empört eine Entschuldigung von ihr verlangt. Der Grund: Ilka Schröder hatte dem hessischen Grünen Ozan Ceyhun vorgeworfen, er steche den toten Flüchtlingen von Dover »noch ein Messer in den Rücken«, indem er »härtere polizeiliche Maßnahmen gegen Menschenschmuggler« fordere. Schröder denkt aber nicht daran, sich zu entschuldigen. »Wenn sich einer entschuldigen müsste, dann ist das Ceyhun«, sagt sie. Schließlich wolle er den Polizeistaat EU fördern.
Und überhaupt. Ilka Schröder kann die ganze Aufregung um ihre Person nicht verstehen, begreift sie sich doch als wahre Grüne. Auch die vielfach erhobenen Forderungen nach einem Parteiausschluss können sie nicht einschüchtern. Ein solches Verfahren würde sie als Tribunal über die Grünen nutzen, kündigt sie an. Die Europaabgeordnete ist von der Richtigkeit ihrer Politik überzeugt: »Meine politischen Aussagen stehen alle fest auf dem Boden des Parteiprogramms.« Soll ihr mal einer das Gegenteil beweisen.
SCHRÖDER ilka. org // Die Auseinandersetzung der Grünen-Europaabgeordneten Ilka Schröder mit ihrer Partei nimmt einen großen Teil ihrer Selbstdarstellung im Internet ein.
Die 22-jährige Berlinerin greift dort unter anderem Außenminister Joschka Fischer für seine Rolle im Kosovo-Krieg und bei der Schaffung einer EU-Eingreiftruppe an.
Die neueste Ausgabe der von Schröder herausgegebenen »Denkpause« und Näheres über den Streit mit der Partei finden sich unter www.ilka.org
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