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Ilka Schröder

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Autorin: Christiane Schulzki-Haddouti
Datum: 16.10.2000
Quelle: http://www.heise.de/tp/deutsch/html/result.xhtml?url=/tp/deutsch/special/ech/6998/1.html&words=ECHELON

Juristische Attacke gegen Echelon
Grüne EU-Abgeordnete erstattet Strafanzeige

Ilka Schröder, Mitglied des Europäischen Parlaments, erstattete am heutigen Montag um 10.00 Uhr beim Generalbundesanwalt, bei der Staatsanwaltschaft Traunstein und bei der Staatsanwaltschaft Berlin Anzeige gegen Echelon. Die Anzeige erging gegen "unbekannte Tatverdächtige insbesondere aus den USA und Großbritannien sowie ggf. der deutschen Bundesregierung wegen Betrieb undTolerierung des Spionagesystems ECHELON".
Schröder beruft sich dabei auf Berichte von Duncan Campbell, Florian Rötzer und Antje Endell in der DUD. Den juristischen Hebel setzt sie beim Generalbundesanwalt bei seiner Zuständigkeit für die Verfolgung bestimmter Verstöße gegen das Patent-, Gebrauchsmuster- und Halbleiterschutzgesetz an. Schröder vermutet in ihrer Strafanzeige, die Telepolis vorliegt, dass "diese Vorschriften durch die beschriebene Wirtschaftsspionage-Tätigkeit der Tatverdächtigen offenbar verletzt" werden. Die örtliche Zuständigkeit der anderen Staatsanwaltschaften geht aus dem Tatort hervor. Die Staatsanwaltschaft Traunstein ist zuständig für Bad Aibling, Berlin zuständig für die vom Ausland aus organisierten Straftaten gegen Bundesbürger. Dabei nennt Schröder die NSA-Abhöranlagen in Fort Meade, Menwith Hill und Morwenstow. Die Abhörtätigkeiten begründeten den Veracht, dass gegen die Regelungen des Patent-, Gebrauchsmuster- und Halbleiterschutzgesetzes verstossen werde. Außerdem werde die "Vertraulichkeit des Wortes" nach § 201 StGB verletzt. Daten werden ausgespäht, das Briefgeheimnis gegebenenfalls verlezt, was gegen die Paragrafen 202 und 202a des StGB verstößt. Zudem würden fremde Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse mit technischen Mitteln verwertet - Paragraf 17 UWG, wobei das deutsche Strafrecht nach Paragraf 20 UWG wohl auch auf eine im Ausland begangene Tat anwendbar ist.

Auch für die Bundesregierung selbst könnte sich eine strafrechtliche Verantwortlichkeit ergeben, wenn sie ihrer Schutzpflicht zugunsten deutscher Staatsangehöriger und Unternehmen nicht enstprechend nachgekommen ist - "indem sie in gebotener Intensität bei den Regierungen der Betreiberstaaten auf Unterlassung der Überwachung hätte drängen sollen". Dies erfolgt aus den Grundgesetzartikel 2 (informationelles Selbstbestimmungsrecht) und 10 (Fernemeldefreiheit).

Schröder hat zumindest Rückhalt durch den französischen Europaparlaments-Abgeordneten Thierry Jean-Pierre. Er hatte in einem Schreiben an die französische Staatsanwaltschaft auf die Schädigung von Bürgern und Unternehmen durch Echelon hingewiesen, die daraufhin im Mai 2000 laut Bestätigung ihres Sprechers Jean-Pierre Dintilhac ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet hatte. Wie Schröder heute morgen gegenüber Telepolis sagte, will sie mit der Strafanzeige "die Diskussion über Echelon auf eine andere politische Ebene heben". Die Diskussion im "nichtständigen Ausschuss" des Europaparlaments sei "zu wenig zielorientiert". Schröder: "Neben der ziemlich zahnlosen Ausschussarbeit des Parlaments und der Anwendung von Verschlüsselungstechnologie durch
Computeranwender gehört dazu auch der Versuch, juristisch gegen die Verletzung der Privatsphäre vorzugehen." Schröder gehört dem Ausschuss als stellvertrendes Mitglied an.
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