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Ilka Schröder

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Quelle: Darmstädter Echeo
http://www.echo-online.de/suedhessen/detail.php3?id=54968
Datum: 19.10.2000

Ozan Ceyhun: Sie hat mich einen Killer genannt
Rüsselsheimer Europaabgeordneter wechselt zur SPD

Der Briefbogen bleibt, nur die politische Zugehörigkeit hat gewechselt: Ozan Ceyhun, Europaabgeordneter aus Rüsselsheim, hat am Dienstagabend in Brüssel seinen Austritt aus der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz und zugleich seinen Eintritt in die SPD/Fraktion der Sozialdemokratischen Parteien Europas erklärt. Mit seinen Gründen liegt er ähnlich wie der heutige Innenminister Otto Schily, der sich seinerzeit ebenfalls als prominenter Grüner bei den Sozialdemokrate bessere Durchsetzungschancen versprach. Für Ceyhun haben die Grünen Im Europaparlament versagt, weil sie sich strikt Institutionen wie Europol und Eurodat versagen. Er selbst befürwortet beide Organisationen, hält aber demokratische Strukturen in beiden Einrichtungen für unabdingbar. Zum Problem der Einwanderung sagte Ceyhun in Brüssel „bei den deutschen Grünen ist es mehrheitlich längst selbstverständlich, über Quoten für Einwanderer zu reden“. „Sonst gehen die politischen Flüchtlinge, die wir unbedingt schützen müssen, in der Menge der Wirtschaftsflüchtlinge unter.“ In der europäischen Fraktion der Grünen sei diese Position aber nicht möglich gewesen.
Gegen Vorwürfe der Grünen-Abgeordneten Ilka Schröder habe ihn die Fraktion nicht in Schutz genommen, erklärte Ceyhun weiter. „Sie hat mich einen Killer genannt“, sagte er. Nachdem 58 illegale Einwanderer aus China auf dem Weg nach Großbritannien in ihrem Transport-Container erstickt waren, hatte Ceyhun sich für eine wirksame Bekämpfung der Schlepper-Kriminalität ausgesprochen. Ilka Schröder hatte ihm vorgeworfen, den Toten „zusätzlich ein Messer in den Rücken“ gestochen zu haben. Die 22-jährige Berlinerin hatte außerdem gefordert, Fluchthelfer mit EU-Miteln zu bezahlen, weil sie Menschen helfen würden.

Ceyhun hat bislang für die Grünen im Europaparlament im Ausschuss für die Freiheiten und rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten gewirkt. Mit dem Jahr 2004 soll im bereich der EU eine einheitliche Innenpolitik verwirklicht werden, um die derzeit noch heftig gerungen wird. Aufgewachsen in Instanbul hatte der heute 39-Jahre alte Politiker nach dem Militärputsch von 1980 sein Heimatland verlassen und über den Umweg Österreich in Rüsselsheim seine neue Heimat gefunden. Sein beruflicher Werdegang führte ihn bis zum Referatsleiter im Sozialministerium in Wiesbaden, eine Position, die er 1998 nach einer umstrittenen Buchveröffentlichung aufgeben musste. Politisch bekleidete er zahlreiche Ämter bei den Grünen, darunter von 1989 bis 1991 im Bundesvorstand der Alternativen. In Rüsselsheim selbst war sein öffentliches Auftreten dagegen eher zurückhaltend. In Kreisen der Rüsselsheimer Grünen wurde der Übertritt von Ceyhun zur SPD mit sarkastischen Kommentaren begleitet. Es sei Ceyhun gewesen, der zu den entschiedensten Verfechtern einer Koalition zwischen den Grünen und der CDU mit Geschka an der Spitze gezählt habe. Damals habe er auch erklärt, sollte es einmal zu einem Ende der Zusammenarbeit mit der CDU kommen, werde er sich mit aller Macht einer möglichen Kooperation mit der „völlig verrotteten“ SPD widersetzen. Diese opportunistische Haltung sei kennzeichnend für den Politikstil Ceyhuns, der auch dem Kreistag angehört. Dieses Mandat will er allerdings niederlegen. Der Landesvorstandssprecher der Grünen in Hessen, Hubert Kleinert, sagte, bedauere den überrachenden und unangekündigten Schritt Ceyhuns. Gründe, die mit dem Landesverband zusammenhängen, könne er nicht erkennen. Er halte es allerdings für keinen guten politischen Stil, wenn der von den Grünen nominierten Ceyhun sein Mandat zu einer anderen Partei mitnehme. Der hessische CDU-Abgeordnete Stefan Grüttner sagte, der Vorgang verrate viel über den zerrütteten Zustand der Grünen in Hessen.

Die Bundesvorsitzende der Grünen, Renate Künast, nannte Ceyhuns Ausscheiden „unverständlich“. Er sei gewählt worden, um grüne und nicht sozialdemokratische Politik zu vertreten, sagte sie in Brüssel. Künast bezeichnete die Äußerungen Schröders als „unsäglich und unverschämt“. Wenn sie jetzt erkläre, sie freue sich über Ceyhuns Übertritt, verstoße das gegen jeden Anstand. Der Parteivorstand werde sich damit beschäftigen. Der grüne Europa-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit nannte es „lächerlich“ wegen der Auseinandersetzung mit Ilka Schröder die Fraktion zu verlassen. Schröder verbreite „absurde Presseerklärungen“ und repräsentiere nicht die Mehrheit der Europa-Grünen.
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