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Ilka Schröder

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Quelle: http://www.sueddeutsche.de/cgi-bin/w/tickerStory.pl?id=971963941nL19299280&
Datum: 19.10.00
Autor: Matthias Inverardi

Grüne im Europaparlament vor Scherbenhaufen

Brüssel, 19. Okt (Reuters) - "Gemeinsame politische Aktivitäten gibt es eigentlich nicht" - so bringt die Abgeordnete der Grünen im Europäischen Parlament, Ilka Schröder, ihre Sicht der Stimmung unter den deutschen Parlamentariern der Öko-Partei auf den Punkt. Angriffe "unter der Gürtellinie" gebe es unter den Grünen immer wieder. Die Parteispitze versuche, sie zu diskreditieren, beschwert sich die 22-jährige Berlinerin, die dem linken Parteiflügel zugerechnet wird. Schröder steht im Mittelpunkt von Auseinandersetzungen unter den deutschen Grünen, die bereits zum Fraktionsaustritt des Abgeordneten Osman Ceyhun beitrugen und für Schröder ein Parteiausschlussverfahren nach sich ziehen könnten. "Wir werden ihr die Grenzen ziehen und ihr mindestens die gelbe Karte zeigen", sagt die Chefin der deutschen Grünen im Europäischen Parlament, Heide Rühle, an die Adresse Schröders. Denn ein Auslöser für den Austritt Ceyhuns war auch ein Konflikt innerhalb der Grünen über die Asylpolitik, in dessen Mittelpunkt Schröder stand. Die Abgeordnete hatte Ceyhun, der sich für härtere Maßnahmen gegen Menschenschmuggler eingesetzt hatte, vorgeworfen, toten Flüchtlingen noch "das Messer in den Rücken" gestoßen zu haben. Schröder selbst hatte als Konsequenz aus zahlreichen Todesfällen beim Versuch, Menschen illegal in die EU zu schleusen, unter anderem Hilfen für Schlepperbanden verlangt, um neue Opfer zu vermeiden. Zu den Äußerungen über Ceyhun "stehe ich weiter", sagt sie. Ein Parteiausschlussverfahren sei angesichts ihrer politischen Argumentation aber nicht zu rechtfertigen, sagt Schröder. Sie gebe nur grüne Positionen wieder - und von der reinen Lehre sei nicht sie abgewichen, sondern Ceyhun. Deshalb könne sie auch nur schwerlich Bedauern über den Schritt des ehemaligen Fraktionskollegen empfinden, der zu der Fraktion der Sozialistischen Partei Europas (SPE) übergetreten war. In Parlamentskreisen wird indes daran gezweifelt, ob die Grünen im Europäischen Parlament gegen Schröder vorgehen werden. Die dazu nötige Mehrheit in der Fraktion werde wohl nicht zustandekommen, hieß es.
In die Debatte um Schröder schaltete sich auch die Vorsitzende der Bundesgrünen, Renate Künast, bei einer Visite in Brüssel ein. Schröder sei schon vor Wochen verwarnt worden, gab Künast zu Protokoll. Ihre Äußerungen zu Ceyhun seien unsäglich, der Bundesvorstand werde sich mit dem Vorgang befassen. Schröder sagt dazu, es sei "witzig", dass Künast für ihr Vorgehen "stärkere Worte" fände als zum Beschluss Ceyhuns, die Partei zu verlassen. "Ich würde eigentlich erwarten, dass sich die Parteispitze hinter mich stellt. Gegen sie habe es von Seiten ihrer Partei noch nie konkrete Vorwürfe gegeben, sondern nur "Unterstellungen". Sie seijederzeit zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Parteispitze bereit und wolle im Parlament "weiter für grüne Inhalte" kämpfen.
In Parlamentskreisen hieß es, die Differenzen innerhalb der Gruppe der deutschen Grünen-Abgeordneten seien "seit langem offensichtlich". Einige Abgeordnete wie Hiltrud Breyer oder der Agrarexperte Friedrich-Wilhelm
Graefe zu Baringdorf leisteten gute Arbeit. Doch von einer Zusammenarbeit der zerstrittenen deutschen Abgeordneten könne keine Rede sein - was ihrem Einfluss innerhalb der Grünen im Europäischen Parlament "nicht eben fördert". Einziges Glück für die deutschen Abgeordneten sei,dass die französischen Grünen "ähnlich zerstritten" seien.
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