Startseite>Themen>Kapitalismus> Rede auf der Hauptversammlung der Bayer AG, Köln, 27.04.2001Gegen Kriegsprofite und biologische Ausbeutung des Trikonts durch die Bayer AG Am 26.04.2001 fand die Bayer-Hauptversammlung der Bayer AG in Köln statt. In meiner Rede geht es um Bayers Finanzierung des Krieges im Kongo sowie um Bayers Medikamentenpreise und ihre zurückgezogene Klage gegen die südafrikanische Regierung. Von kritischen AktionärInnen wurden zusätzlich der Kosovo-Krieg, die Auswirkungen von Bayers Pestiziden und andere Mißstände der AG thematisiert. Sehr geehrter Vorstandsvorsitzender, sehr geehrte AktionärInnen und Aktionäre, ich bin Abgeordnete im Europäischen Parlament und rede hier auf Einladung des Ihnen wohl bekannten Vereins Coordination gegen Bayer-Gefahren. Dieser Verein hat mir das Rederecht übertragen. Die Pharmaunternehmen haben normalerweise die Aufgabe, - die Leute fit zu halten, - sie für den Arbeitsmarkt wieder verwertbar zu machen, wenn sie krank sind - und in der Marktwirtschaft dabei auch noch Profite zu erwirtschaften. Was aber macht Bayer? Woher kommen die knapp 2 Milliarden Euro des Konzerngewinns? Manche der hier stolz verkündeten Prozente an Umsatz- und Gewinnsteigerung kommen aus einem Geschäft mit dem Krieg. In Kongo wütet ein Krieg. Die Bayer AG betätigt sich als Financier dieses Krieges. Denn die Waffen für die blutigen Kämpfe im Kongo werden vom Mineralienabbau und -verkauf finanziert. Einer dieser Rohstoffe heisst Coltan. Über die Hälfte des kongolesischen Coltans kauft die deutsche Firma H.C. Starck - und das ist ein Tochterunternehmen von Bayer. Im Kongo arbeiten viele Leute bis zur Entkräftung, um die Armeen zu ernähren, die sie ausbeuten. Damit dieser bittere Cyclus aufrechterhalten werden kann, braucht mindestens eine Rebellengruppe im Kongo die Bayer-Tochter. Die Bayer AG, die sich so gerne als Lebensretterin darstellt, finanziert so einen Krieg mit - und dieser Krieg geht ganz besonders zu Lasten der ZivilistInnen und Zivilisten im Kongo. - Wie können Sie es bei Bayer - und damit meine ich zuvorderst jede und jeden einzelnen im Aufsichtsrat und im Vorstand - mit sich vereinbaren, ihre Profite aus einem Kriegsgeschäft zu verdienen? - Halten Sie es nicht für angebracht, genaue Angaben über Starcks Geschäfte offen zu legen, um eine wirklich effektive Öffentlichkeitsarbeit zu gewährleisten? - Wie gedenken Sie mit einem drohenden Boykott Ihrer Firma umzugehen, sollten diese kriegswichtigen Geschäfte ans Licht der Öffentlichtkeit gelangen? - Setzen Sie bei Boykott oder anderen geschäftsschädigenden Kampagnen in Ihrer Gegenstrategie auf Konsens oder Konfrontation? Mit welchem Ziel? Kongo liegt in Afrika - in anderen Ländern dieses Kontinents packen Sie ihre Probleme anders an. In Südafrika haben Sie in einer Koalition mit anderen Pharmaunternehmen dagegen geklagt, dass auch finanziell Armen der Zugang zu überteuerten AIDS-Medikamenten möglich werden soll. Die Klage ist zurückgezogen - herzlichen Glückwunsch. Aber selbst mit der zurückgezogenen Klage haben sie schon viel erreicht: Weltweit haben sich viele Menschen zusammengetan, um gegen Ihre Unternehmenspolitik und die entsprechenden Auswirkungen zu protestieren. Nicht mehr nur die kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, auf viele andere haben verstanden, was Sie, BAYER-FunktionärInnen, unter Gewinn-Maximierung verstehen: Egal, ob sich nur die Reichen ihre Medikamente leisten können - Sie interessieren sich nur für die Gewinnmarge. Nach dem Zurückziehen der Klage können also Medikamente auch zu billigeren Preisen verkauft werden; die sind allerdings für viele Kranke immer noch bei weitem zu hoch. Mich interessiert noch, woher Sie eigentlich das Wissen zur Produktion Ihrer Medikamente beziehen: - Welcher Anteil ihrer Produkte und Patente beruht auf traditionellem Wissen? - Welchen Anteil erforschen Sie also gar nicht selbst, sondern eignen ihn sich per Bio-Prospecting an und verleiben ihn sich per Patentregime einfach ein? - Wo betreibt Bayer Bio-Prospecting? Tut Bayer das direkt oder über andere Unternehmen oder über andere Partner wie zum Beispiel Universitäten? - Wieviel Geld bekommt Bayer insgesamt an staatlicher Forschungs-Förderung - sei es von Landes- oder Bundesministerien, sei es von der Europäischen Kommission? - Wo und welche Joint Ventures oder andere Kooperationen betreibt Bayer im Bereich Biotechnologie in den sogenannten Entwicklungsländern? - Zum Thema Patente auf Leben möchte ich wissen, ob Bayer eine Firmenposition zur aktuellen Debatte des TRIPS-[WTO-Vertrag zum Schutz des geistigen Eigentums]-Artikels 27.3 (b) vertritt und wenn ja, welche. Gibt es eine Vertretung der Bayer-Interessen in Genf? Und noch eine Frage zu Bayers Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen: - Ist Bayer in die von der Europäischen Kommission eingesetzten "Pharmaceuticals High Level Group" involviert? Wenn ja, in welcher Form und mit welchem Ziel? Wenn nein, warum nicht? - Und: was halten Sie von der Biotechnologie-Initiative &Mac226;bEurope der Kommission? Zum Schluß sei mir die Bemerkung gestattet, dass den meisten der hier Anwesenden mein Beitrag nicht gefallen wird. Das erstaunt nicht, ist doch die Masse hier versammelt, um sich über den eigenen Anteil an den Bayer-Profite zu informieren. Dennoch: wollen Sie ihre Dividenden mit Krieg finanziert wissen? Wollen Sie Ihre Schäflein mit Medikamente nur für Reiche in Trockene bringen? Es wäre die Überlegung wert, ob Sie sich als AktienbesitzerIn an den Machenschaften von Bayer beteiligen und ob Sie das wirklich mittragen wollen. Wenn nicht, dann setzen Sie ein Zeichen gegen das Kriegsgeschäft und stimmen gegen die Entlastung des Vorstandes. |
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