Startseite>Themen>Weitere Themen> Sonder-Denkpause | 10.03.01Castor: Desillusionieren statt demonstrieren [Politisch korrekt demonstrieren] Früher war es bei den Grünen üblich, anlässlich jeder fotogenen Gleisblockade mit Wasserwerfer-Kulisse einen fünfzehnminütigen Foto-Termin für die Presse zu vereinbaren. Wenn die FotografInnen ihre Bilder geschossen hatten, drängten meist Termine zur Vorbereitung der Regierungsübernahme. Die Regierung ist inzwischen übernommen, und aus dem Sitzplatz vor dem Rohr des Wasserwerfers ist ein Chefsessel an den Schaltstellen des militärisch organisierten Polizei-Einsatzes im Wendland geworden. Demonstrieren ist daher für Grüne verboten. Das ist richtig. »Wer A sagt, muss auch B sagen«, erklärt der hessische Landesvorsitzende Hubert Kleinert vermutlich mit dem Gedanken an Atomstaat und Bulleneinsatz. Sein Kollege aus Baden-Württemberg, Andreas Braun, denkt eher an die Parteiräson als an Sachargumente: Er hält es für »unsinnig, gegen die eigene Bundesregierung zu demonstrieren«. Nähe zur Anti-Atom-Bewegung zu zeigen, passt heute nur noch wenigen Grünen ins Konzept. Und die geraten dabei schnell in Argumentationsnöte. »Die Antiatombewegung ist unsere Klientel, das sind wir selbst«, wünscht sich Astrid Rothe, Thüringer Landesvorsitzende der Partei. (Alle Zitate nach BERLINER ZEITUNG v. 25.01.2001). Claudia Roth warnt im SPIEGEL: (12.2.2001): »Was nicht passieren darf, ist der Eindruck, wir seien nicht mehr Teil der Bewegung.« Auch die Mehrheit der Verbalprotestierenden steht aber inzwischen so geschlossen hinter dem Atomkonsens wie die Bundeswehr hinter Angelika Beer. Die Entscheidung, ob die Grünen Anti-Atom-Partei sind, ist spätestens mit der Absegnung der Atomvereinbarung durch die Basis gefallen. Außerparlamentarische Proteste waren in den siebziger und achtziger Jahren dafür verantwortlich, dass nur ein kleiner Teil der einst geplanten AKW-Blöcke in der BRD errichtet wurde. Die Wirkstoff-Formel der Anti-Atombewegung waren und sind buddelnde Autonome, singende SitzblockiererInnen und sabotierende LandwirtInnen. Die Parlamentarisierung des damaligen Protestes hat dagegen das Gegenteil bewirkt: Mit ihrem Ruf als Anti-Atom-Partei haben die Grünen heute erreicht, was der CDU niemals gelungen wäre: Weite Teile der Bevölkerung begreifen den Deal mit den Atombossen, der ein zeitlich unbegrenztes Weiterlaufen der AKW beinhaltet, als »Atomausstieg«. Jede verbale oder tatsächliche Beteiligung regierungstreuer Grüner an den Castor-Protesten verbessert auch heute noch die gesellschaftliche Akzeptanz der Vereinbarung mit den Atomkraftwerksbetreibern. Das Verhalten der rechten Grünen wie Braun und Kleinert ist daher für die Anti-Atom-Bewegung günstiger als das der Möchtegern-AtomkraftgegnerInnen. Die rechte Grüne Parteimehrheit sollte nicht daran gehindert werden, die Fratze der Grünen so darzustellen, wie sie es erfolgreich tut. Ihre Aufgabe ist die Desillusionierung derjenigen, die immer noch glauben, die Grünen stünden für den Atomausstieg. Für atomare Akzeptanz-Probleme wäre es förderlich, wenn sich auch die so genannten linken Grünen an der Entwicklung des Grünen-Images als Pro-Atom-Partei beteiligen würden. Wer sich als inner- oder außerparteiliche atompolitische Opposition glaubhaft gegenCastor-Transporte engagieren möchte, muß gegen die Grünen arbeiten, nicht mit ihnen. Für alle, die den Atomkonsens akzeptieren oder die für diese Partei weiterhin werben, sollte die Restlaufzeit für ein Engagement in der Anti-Atom-Bewegung möglichst kurz bemessen werden. Politisch korrekt demonstrieren
Verboten
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