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Ilka Schröder

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Ilka Schröder, mdep

Zustellfähiger Geschäftssitz:
Friedrichstr. 95 III.
10117 Berlin

An

Staatsanwaltschaft Berlin I
Turmstr. 91

10559 Berlin

Strafanzeige

An die Staatsanwaltschaften
- Berlin I, Turmstr. 91, 10559 Berlin-Moabit
- Traunstein, Herzig-Otto-Str. 1, 83278 Traunstein (für Tatort Bad Aibling)
- Generalbundesanwalt, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit erstatte ich Strafanzeige und stelle - soweit dies nicht von Amts wegen erfolgt - Strafantrag gegen unbekannte Tatverdächtige insbesondere aus den USA und Großbritannien sowie ggf. der Bundesregierung wegen aller in Frage kommenden Delikte aus folgendem Sachverhalt:

1. Ich bin Abgeordnete des Europäischen Parlaments mit Wohnsitz in Berlin. Durch einen vom Europäischen Parlament (EP) in Auftrag gegebenen Untersuchungsbericht des britischen Staatsbürgers Duncan Campbell

• Duncan Campbell »Interception Capabilities 2000«, Herausgeber Dick Holdsworth, Chef der STOA-Einheit im EP; veröffentlicht im Oktober 1999

sowie durch nachfolgende Veröffentlichungen

• Duncan Campbell: »Inside Echelon« in: Telepolis 24.07.2000 http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/6928.1html

• Duncan Campbell: »Existenz von Echelon erstmals offiziell bestätigt«
in: Telepolis 28.05.1999 http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/6639/1.html

• Florian Rötzer: »Erste offizielle Bestätigung für Echelon aus den USA«
in: Telepolis 26.01.2000 http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/6638/1.html
hat sich herausgestellt, daß vertrauliche Kommunikation (Telefon, Telefax, E-Mail) deutscher Unternehmen sowie von Bürgerinnen und Bürger - darunter auch meine Person - offenbar in großem Umfang durch Staaten mithilfe eines gemeinsamen Überwachungssystems namens ECHELON und durch gespeicherte Suchworte heimlich überwacht, aufgezeichnet sowie aus- bzw. verwertet wird.
An dem Echelon-System sind mindestens beteiligt die USA, Kanada, Großbritannien, Australien und Neuseeland.

2. Die Zuständigkeit der angerufenen Staatsanwaltschaft(en) ergibt sich aus folgendem:
a) Der Generalbundesanwalt ist gemäß §§ 142 a Abs. 1, 120 Abs. 1 Nr. 3 GVG zuständig für die Verfolgung bestimmter dort genannter Verstöße gegen das Patent-, Gebrauchsmuster- und Halbleiterschutzgesetzes. Diese Vorschriften werden durch die beschriebene Wirtschaftsspionage-Tätigkeit der Tatverdächtigen offenbar verletzt.
b) Die örtliche Zuständigkeit der angerufenen Staatsanwaltschaft(en) ergibt sich gemäß §§ 143 GVG, 7 ff. StPO insbesondere aus dem Tatort, welches der Ort der Begehung oder der eingetretenen Verletzung ist. Begangen werden die in Rede stehenden Delikte von den im Ausland (das heißt in Fort Meade, USA; sowie in Menwith Hill und Morwenstow, Großbritannien) gelegenen Abhörstationen sowie inländischen Korrespondenzstationen; hier zum Beispiel die NSA-Station in 83403 Bad Aibling

Quelle: Florian Rötzer: »Erste offizielle Bestätigung für Echelon aus den USA«
in: Telepolis 26.01.2000 http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/6638/1.html

Der Verletzungserfolg tritt am Wohn- oder Geschäftssitz der betroffenen Unternehmen oder BürgerInnen ein, in meinem Fall also in Berlin.

3. Die angezeigten Tätigkeiten begründen den Verdacht eines Verstosses insbesondere gegen folgende Rechtsvorschriften :
a) gegen die in § 120 Abs. 1 Nr. 3 GVG genannten Regelungen des Patent-, Gebrauchsmuster- und Halbleiterschutzgesetzes;
b) Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes ( § 201 StGB);
c) Ausspähen von Daten, gegebenenfalls auch Verletzung des Briefgeheimnisses (§§ 202, 202 a StGB) vor allem aus gesichert übermittelten E-Mails;
d) Verschaffung und Verwertung fremder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse mit technischen Mitteln (§§ 17 Abs. 2 Nrn. 1 c, 2 UWG), wobei deutsches Strafrecht auch auf eine etwa im Ausland begangene Tat anwendbar ist (§ 20 a UWG, § 5 Nr. 7 StGB).


4. Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit könnte sich außer für die in- und ausländischen direkten Betreiber des ECHELON-Systems auch für die Bundesregierung ergeben, wenn diese ihrer aus Art. 2 GG und ggf. aus Art. 10 GG (informationelles Selbstbestimmungsrecht und Fernmeldefreiheit) folgenden Schutzpflicht zugunsten deutscher Staatsangehöriger und Unternehmen nicht ausreichend genügt hätte, indem sie in gebotener Intensität bei den Regierungen der Betreiberstaaten auf Unterlassung der Überwachung hätte drängen sollen. Dies ist jedoch nicht geschehen.

• Nachweise zum Agieren der Bundesregierung sowie zu anderen Erwähnungen des Themas bei: Endell, Datenschutz und Datensicherung [DUD] 23 [1999], S. 692-695.

Endell (aaO.) weist im übrigen nach, daß die angezeigte Tätigkeit alliierter Stellen nicht auf das NATO-Truppenstatut gestützt werden kann.

5. Auch Hinweisen, daß französische Sicherheitsbehörden in ähnlicher und strafrechtlich relevanter Weise vertrauliche Kommunikation deutscher Grundrechtsträger überwachen, ist nachzugehen.

• Jerome Thorel: »Frenchelon - France has nothing to envy in Echelon« - ZDNet UK
(Anlage A)

• Kenneth Neil Cukier »'Frenchelon': France's Alleged Global Surveillance Network And its Implications on International Intelligence Cooperation«
in: Communications Week International 24.03.1999, auffindbar unter anderem
in: http://home.kamp.net/home/kai.raven/miniwahr/frenchechelon.html (Anlage B)

Nachträglich nur hier im www geändert: Die URL lautet jetzt: http://home.nexgo.de/kraven/miniwahr/badaibling.html I.S. 17.07.2001


6. Mein Kollege, der französische EP-Abgeordnete Thierry Jean-Pierre, hat in einem Schreiben an die französische Staatsanwaltschaft parallel auf die Schädigung von Bürgern und Unternehmen durch Echelon hingewiesen, die daraufhin im Mai 2000 laut Bestätigung ihres Sprechers Jean-Pierre Dintilhac ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet hat (Le Figaro 06.07.2000; afp 041355 Juli 00; reuters 041911 Juli 00).

Ich bitte um Eingangsbestätigung mit Angabe des Aktenzeichens und Mitteilung des Ermittlungsergebnisses nach Verfahrensabschluß, woraufhin ich einen Rechtsanwalt mit Akteneinsicht beauftragen werde.


Mit freundlichen Grüßen


Ilka Schröder

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