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Ilka Schröder

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Sonder-Denkpause | 10.03.01

Die Partei hat immer recht
Programmtreue soll vor dem Parteischiedsgericht geahndet werden.

»Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt«, skandierte man früher auf Demos. Unter grüner Regierungsbeteiligung werden mit den deutschen Waffen gleich deutsche Soldaten mitgeliefert. Wer das kritisiert, kommt vors Parteischiedsgericht.
»Bündnis 90/Die Grünen wollen eine kleine, moderne und auf die friedenspolitischen Anforderungen des 21. Jahrhunderts ausgerichtete Bundeswehr«, heißt es in einem vertraulichen Papier für den internen Gebrauch der Bundestagsfraktion. Die friedenspolitischen Anforderungen des 21. Jahrhunderts entpuppen sich vor allem als Deutschlands Machtinteresse. Gleich im ersten Satz des geheimen Eckpunktepapiers wird der Zweck geklärt. »Es liegt im Interesse der Bundesrepublik…« Wir brauchen eine schlagkräftige Armee, die mit modernsten Waffen und ohne viel Ballast an jedem Ort der Welt effektiv für Deutschland kämpfen kann, würde die Botschaft unverschlüsselt heißen. Die Verpackung wird allein deswegen gebraucht, weil neben Kriegsbegeisterten und Soldatenverbänden auch noch andere Menschen die Grünen wählen sollen. Aus diesem Grund ist es verboten, den Beitrag der Grünen zur effektiven Militarisierung der deutschen Außenpolitik auf den Punkt zu bringen.

Ich hatte es einmal so formuliert: »Wer sicherstellen will, dass Deutschland weiterhin Kriege führen und gewinnen kann, sollte 2002 unbedingt die Grünen unterstützen«. Dabei bezog ich mich auf ein Gutachten von Professor Reiner Huber von der Bundeswehruniversität München: Unter den gegebenen finanziellen Rahmenbedingungen bringt das Konzept der grünen Bundestagsfraktion die einsatzfähigste und qualitativ beste Truppe hervor.
Seit einigen Wochen liegt jetzt ein Antrag des Bundesvorstandes beim Landesschiedsgericht Berlin der Partei. Ziel ist es, eine Ordnungsmaßnahme gegen mich auszusprechen. Mit meiner Äußerung, so heißt es, habe ich die »Grenze des innerhalb unserer Partei Zulässigen und Erträglichen überschritten«. Der zweite Kernpunkt des Parteiordnungsantrages ist die politische Kritik am Europaabgeordneten Ozan Ceyhun. Dieser setzte zum Zeitpunkt des Buvo-Beschlusses bereits als SPD-Abgeordneter seine Arbeit an der Abschottung der EU-Außengrenzen gegen Flüchtlinge fort.

Gegen grüne KriegsbefürworterInnen wurde bisher weder vor einem Parteischiedsgericht noch vor einem Kriegsverbrechertribunal Anklage erhoben. Es bleibt abzuwarten, ob sich unter der neuen Parteiführung daran etwas ändert. Claudia Roth hat ihre Rolle als Parteimanagerin schon gefunden und die Prioritäten erkannt: »Jeder Krieg schadet« sagt sie dem Tagesspiegel (21.01.01). Dabei meint sie natürlich nicht die durch Splitterbomben getöteten Menschen - die sind ja nur Kollateralschäden - sondern die Mitgliederzahl der Grünen: »Es ist bitter, dass Menschen wegen des Kosovo-Krieges aus der grünen Partei ausgetreten sind.« Dass sich die Justizpolitik des Bundesvorstandes ändert, ist aber unwahrscheinlich, denn Roth hat einst selbst für die Kriegsvorbereitung gestimmt. Selbst wenn die Zahl der Parteimitglieder sich halbieren sollte - wie die der WählerInnen bei der Europawahl 1999 im Vergleich zur vorletzten Europawahl - dürften weiterhin diejenigen vor Gericht stehen, die sich an das Parteiprogramm halten.

Der Beschluss des Bundesvorstandes ist abrufbar unter: https://www.ilka.org/ordnung/

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