ilka.org-Logo (Link auf Startseite)
Ilka Schröder

Startseite>Denkpause>

Begründung | Sonderdenkpause 2 | 28.09.01 [deutsch]

Weitere Abschottung der
Festung Europa

"Uns geht es darum, Verschlechterungen gegenüber dem bestehenden Ausländerrecht zu vermeiden…" Mit diesen Worten verabschiedete sich der grüne Parteirat am 03.09.2001 offiziell von längst erledigten Vorstellungen, die Grünen würden wenigstens auf dem Gebiet des Einwanderungsrechtes irgendetwas verbessern. Ihren Beitrag zu den Verschlechterungen versuchen sie hingegen noch zu leugnen. Eine unangebrachte und falsche Bescheidenheit, wie ich finde.

Nach dem Sommer der Staatsantifa 2000 hätten es viele gerne vergessen, aber dann war es der grüne Bundesvorstand selbst, der zusammen mit Marieluise Beck darauf aufmerksam machte, was in der deutschen Migrationspolitik noch fehlte: »Ein transparentes und offenes Verfahren, in dem Verbände ihre Interessen anmelden können und in dem diese unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessen zum Ausgleich gebracht werden…«. Per Parteitagsbeschluss folgte die Basis ohne Widerworte: »Nur so kann aber auch über wirtschaftliche Planungsdaten und arbeitsmarktpolitische Bedenken in einem transparenten Verfahren beraten werden.« Übersetzt heißt dies: Nach dem Willen der Grünen soll alleine die Verwertbarkeit des Humankapitals für den Wirtschaftsstandort Deutschland über eine Einreiseerlaubnis entscheiden. Der grünen Einwanderungspolitik gelingt es so, den deutschen Rassismus von einem völkischen in einen sozioökonomischen Rassismus weiterzuentwickeln. Den Bewertungskriterien Herkunft und Hautfarbe wird also noch das des aktuellen kapitalistischen Nutzwertes beigestellt. Dies trifft natürlich vor allem all die »unnützen« MigrantInnen, aber auch obdachlose, arbeitslose oder alternative Deutsche dürfen sich schon heute mit den gewalttätigen Ausflüssen dieser Ideologie auseinandersetzen.

Entsprechend ihrer Kriterien für die Hierarchisierung von Menschen tragen die Grünen natürlich auch die immer schärfere Abschottung der Ostgrenze mit. Flüchtlinge und ihre HelferInnen müssen sich immer gefährlichere Methoden ausdenken, um doch noch nach Deutschland zu gelangen. Den Kampf gegen FluchthelferInnen führt die rot-grüne Koalition natürlich nicht nur grenzpolizeilich, sondern auch ideologisch. Manche der leidenschaftlichsten Abschottungs-Verfechter greifen dabei offensichtlich auf ihre K-Gruppen-Erfahrungen von vor 20-30 Jahren zurück, als sie gegen Wirtschaftsflüchtlinge und politisch Verfolgte aus der DDR hetzten.

Wenig überraschend konnte ich in diesem Umfeld kaum FreundInnen für meine Forderungen nach einer Subventionierung der Schleuserbranche an den EU-Außengrenzen gewinnen. Die deutschen Grünen argumentierten im bekannten Stil dagegen. »Dümmlich und kontraproduktiv« verlautete es aus dem Bundesvorstand, der mit dem zweiten Teil seines Statements natürlich recht hatte: Die Fluchthilfeförderung widerspricht dem Bemühen der Regierung um die Abschottung der Grenze gegen schlecht verwertbare Menschen.

Auf diesem Gebiet lassen sich im gesamtgesellschaftlichen Spektrum in Brüssel leichter Erfolge erzielen als bei den deutschen Grünen: In Rat, Kommission und Parlament spricht man jetzt immerhin über einen Gegensatz von ehrenamtlicher zu kommerzieller Fluchthilfe. Das ist natürlich zu wenig: Ebenso wenig wie alle ÄrztInnen böse sind, die sich für ihre Behandlungen bezahlen lassen, sind es pauschal die SchleuserInnen, die ihre Profession zwar ohne Gewerbeschein aber dennoch erwerbstätig ausüben.

Weiterlesen:

top

Pages in English

ilka.org sicher lesen? dann: https://www.ilka.org