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Begründung | Sonderdenkpause 2 | 28.09.01
Den Atomausstieg
erfolgreich verhindert
Die rot-grüne Bundesregierung hat keinen Zeitraum für einen Atomausstieg beschlossen. Nach der Gummi-Vereinbarung zwischen Bundesregierung und AKW-Betreibern können die letzten deutschen AKW genauso gut im Jahr 2020 vom Netz gehen wie erst im 22. Jahrhundert. Was alleine zählt, ist die insgesamt produzierte Atomstrommenge. Falls es also zu Absatzproblemen beim Atomstrom käme (z.B. durch erfolgreichere Kampagnen der Grünen für Ökostromverträge), dann würden zwar einzelne AKWs abgeschaltet, die nicht produzierte Strommenge - und damit Laufzeit wie Dauer des Risikos - jedoch auf andere AKW übertragen. Im »Gegenzug« gewährleistet die Bundesregierung »den ungestörten Betrieb« und verpflichtet sich, »keine Initiative (zu) ergreifen, um diesen Sicherheitsstandard und die diesem zugrunde liegende Sicherheitsphilosophie zu ändern«. Das gilt natürlich auch für eine - dementsprechend ausgeschlossene - Neubewertung von Gefahren, wie etwa dem zielgerichteten Einschlag eines Passagierflugzeugs in ein AKW.
Der Atomkonsens beschränkt damit nicht nur die Handlungsfähigkeit der jetzigen, sondern auch die einer späteren, eventuell ausstiegswilligen Bundesregierung. Es waren weder die Übermacht der SPD oder der Atomindustrie noch bestehende Gesetze, die zu diesem vernichtenden Ergebnis beim Atomausstieg geführt haben, sondern in erster Linie eine Front grüner DemagogInnen, welche später sogar die Proteste gegen den Rücktransport deutschen Atommülls aus französischen Wiederaufarbeitungsanlagen in Verruf bringen wollten. Sie deuteten kurzerhand die grünenkritischen Demonstrationen und Blockaden der AtomkraftgegnerInnen um in Feindseligkeiten gegen Frankreich. Mit der Wahrheit hat dies nichts zu tun. Im Gegenteil: Eben diese Grünen selbst wollen den Franzosen noch viel mehr Atommüll schicken. Doch dazu müssen die dortigen Lagerkapazitäten freigeräumt werden, und genau das versuchten die DemonstrantInnen zu stoppen.
Ganz pragmatisch-realpolitisch hätten der Bundesregierung zahlreiche Möglichkeiten für einen raschen Atomausstieg offengestanden, doch diese scheiden nunmehr aus. Atomfeindlichere Regierungen können die vereinbarten Zusicherungen nicht einfach zurückziehen, atomfreundlichere Mehrheiten können hingegen in einem weiteren Konsens der Industrie noch mehr erlauben. Eine große Chance wurde fahrlässig versiebt: Hätten die AKW am Wahltag 2002 schon zwei bis drei Jahre stillgestanden, so wäre eine Wiederinbetriebnahme auch für eine atomfreundlichere Nachfolgeregierung schwierig geworden. Es gehört seitens der Grünen schon ein gerüttelt Maß an Realitätsverleugnung dazu, um den existierenden Atomkonsens als historischen Erfolg feiern zu wollen. Selbst ihnen müsste es eigentlich suspekt erscheinen, wenn der Chef der Bayernwerke dem Spiegel (19.06.2000) erzählt, er habe »hochmögende Vertreter der Union« darum gebeten, ihre Kritik am Atomkonsens einzustellen. Die Gründe liegen auf der Hand: Ein Rückzieher der Betreiber hätte es Trittin erlaubt, vorhandene und wirkungsvollere Hebel gegen die Atomkraft (z.B. Verstopfungsstrategie, etc.) erneut in die Hand zu nehmen.
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